Lexikon

A

Aktiv

Ein Element wird als aktiv bezeichnet, wenn es lebendig ist und Einfluss auf seine Umwelt ausübt. So enthält zum Beispiel ein aktiver Sauerteig lebendige Mikroorganismen, die CO2 sowie Aromen produzieren und so dem Brot Volumen und Geschmack verleihen.


Anstellgut

Das Anstellgut-Verfahren ist ein Zwei-Stufen-Prozess. Zuerst werden einige der Zutaten (Mehl und Wasser) bereits am Vortag vermischt, um üblicherweise über Nacht zu fermentieren. Dieser Ansatz wird Starter, Anstellgut, Mutterteig oder auch Ferment genannt. Nach der Fermentation wird das Anstellgut mit den übrigen Zutaten zu einem Teig vermischt. Durch diesen zweistufigen Fermentationsprozess entwickeln sich vielfältigere Geschmacksprofile und Aromen im Brot.


Auffrischung

Als Auffrischung bezeichnet man eine Technik zur Herstellung eines neu angesetzten Sauerteiges: Dafür wird das Anstellgut des letzten reifen Sauers zusammen mit frischen Rohstoffen (Mehl und Wasser) verwendet.


B

Backhefe

Backhefe oder auch Bäckerhefe ist die Bezeichnung für Saccharomyces cerevisiae, die ausgewählt, isoliert und gezüchtet wird. Sie wird als Backtriebmittel in Bäckereien eingesetzt und lässt den Teig dank ihrer Fähigkeit, Zucker zu fermentieren und Kohlendioxyd herzustellen, aufgehen. Backhefe wird in zwei Formen angeboten. Aktive Trockenhefe ist zwar lebendig, aber aufgrund fehlender Feuchtigkeit inaktiv. Komprimierte frische Hefe hingegen ist lebendig und muss im Kühlschrank aufbewahrt werden.


Biga

Biga ist ein Weizensauerteig, den Bäcker in Italien einsetzen. Er besteht aus einer Mischung aus Weizenmehl, aktiver Hefe und Wasser. Da Biga einen Flüssigkeitsanteil von nur 50 – 60 % besitzt, ist er gewöhnlich sehr fest und hat einen nussigen Geschmack. Viele bekannte italienische Brote wie zum Beispiel Ciabatta werden mit Biga hergestellt, da es dem Brot eine offenporige, aromatische Textur verleiht und somit zur Haltbarkeit des Brotes beiträgt.


Bio-Lebensmittel

Bio-Lebensmittel sollen die Umwelt möglichst wenig belasten. Die genaue Gesetzgebung hängt vom jeweiligen Land ab. Allerdings müssen die meisten oder auch alle Zutaten in einem Produkt aus nachhaltiger Landwirtschaft stammen. Normalerweise bedeutet dies, dass weder Pestizide noch synthetische Chemikalien, Antibiotika, Wachstumshormone oder GVO-Bestandteile, etc. verwendet wurden. Außerdem wird in biologischen Anbaumethoden versucht, so wenig natürliche Ressourcen wie nötig zu verschwenden. In der Europäischen Union müssen beispielsweise alle zertifizierten Bio-Produkte ein entsprechendes Etikett tragen. Weist ein EU-Produkt dieses Etikett nicht auf, so ist es nicht Bio-zertifiziert.


E

Essigsäure

Essigsäure (oder auch Ethansäure) CH3COOH wird durch die Oxidation von Ethanol durch Milchsäurebakterien produziert und ist der Hauptbestandteil von Essig.


F

Fermentation (Gärung)

Hervorgerufen durch lebendige Organismen ist die Fermentation ein anaerober Prozess. Es gibt zwei Fermentationsarten: Milchsäuregärung und alkoholische Gärung. Beide Stoffwechselprozesse liefern dem Organismus Energie, indem sie organische Moleküle umwandeln: bei der Milchsäuregärung werden Pyruvate in Kohlendioxid und Milchsäure verwandelt; bei der alkoholischen Gärung werden Kohlenhydrate in Kohlendioxid und Ethanol umgewandelt. Fermentation wird in vielen Lebensmittelbereichen angewendet und verleiht Geschmack, Aroma und Textur: z. B. Milchsäuregärung durch Bakterien bei der Herstellung von Käse, Joghurt und Sauerkraut; alkoholische Gärung durch Hefen bei der Herstellung von Bier und Wein.


G

Gare

In der Bäckerei ist die Gare bzw. die Gärzeit der Zeitraum zwischen der Ausforumung des Teiglings und dem Backprozess, in welchem die Fermentation des Teiges stattfindet.


Gluten

Gluten ist ein Proteinkomplex, der in verschiedenen Getreidearten vorkommt und für die Struktur und die Textur von Brot verantwortlich ist. Während des Knetprozesses entsteht eine dreidimensionale Gluten-Struktur im Teig. Dieses Netzwerk hält das durch Mikroorganismen während der Fermentation produzierte Kohlendioxid im Gebäck. Dadurch gewinnt das Brot an Volumen, welches es auch während des Backvorgangs behält, wenn das Gluten-Netzwerk fest wird. Im Endgebäck bestimmt das Gluten-Netzwerk die Porung in der Krumenstruktur.


K

Kneten

Das Kneten ist die Verbindung von zwei oder mehreren Zutaten unter Hinzugabe von Flüssigkeit, bis alle Zutaten einen homogenen Teig ergeben. Bei der Herstellung von Brot wird so die Energie, die für die Entwicklung des Gluten-Netzwerkes notwendig ist, geliefert. Gleichzeitig wird Sauerstoff für die Oxidation und die Hefeaktivität eingearbeitet.


L

Lactobacillus

Lactobacillus ist ein Milchsäurebakterienstamm, der Kohlenhydrate wie Stärke und Zuckerarten (z. B. Glukose, Saccharose oder Laktose) fermentiert und in Milchsäure umwandelt. Einige traditionelle Lebensmittel wie z. B. Käse, Joghurt oder Salami werden mithilfe von Fermentation durch Lactobacillus hergestellt. Die Milchsäurebakterien beeinflussen so den Geschmack und die Textur der Lebensmittel.


Lebendig

Ein lebendiger Organismus existiert im Wechselspiel mit seiner Umwelt gemäß dem Lebenszyklus: Geburt, Wachstum, Nahrungsaufnahme aus Energiequellen, Produktion von Stoffwechselprodukten, Fortpflanzung und Tod. Folglich hat ein lebendiger Organismus im gleichen Maße Auswirkung auf die Umwelt wie ein lebendiger Sauerteig Einfluss auf die Textur und das Geschmackserlebnis von Brot hat.


M

Mikroorganismus

Ein Mikroorganismus ist ein mit bloßem Auge nicht erkennbarer Organismus. Er wird auch als Mikrobe bezeichnet. Diese Gattung enthält Bakterien, Viren, Protozoen, einige Pilze und Algen. Durch unser Sauerteig-Bibliothek Projekt haben wir bereits mehr als 900 Mikroorganismen identifiziert. Bei Hefen haben wir folgende Stämme gefunden: Saccharomyces, Kazachstania, Wickerhamomyces, Metschnikowia, Torulaspora, Pichia and Lachancea. Folgende Milchsäurebakterien-Stämme wurden identifiziert: Lactobacillus, Enterokokken, Leuconostoc, Pediokokken, Weissella, Mikrokokken, Streptokokken. Die Hefen sind überwiegend verantwortlich für die Entstehung von Gasen, durch die das Brot aufgeht sowie für die Herstellung von Ester-Verbindungen. Es handelt sich hierbei um kleine Geschmackskomponenten, die sich je nach Spezies verändern. Die Milchsäurebakterien sind überwiegend für die Produktion von organischen Säuren zuständig, obwohl sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Gase produzieren können. Die zwei wichtigsten Säurearten, welche von Milchsäurebakterien produziert werden, sind Milchsäure und Essigsäure. Das Bild zeigt eine Kombination aus Stärkekörnern, Gluten, Hefezellen und Milchsäurebakterien in einem Sauerteig.


Milchsäure

Milchsäure, auch 2-Hydroxipropansäure genannt, wird von Milchsäurebakterien gebildet, kann aber auch durch Schimmelpilz-Fermentation von Zuckersubstraten entstehen. In Lebensmitteln findet man Milchsäure vorranging in Milchprodukten wie Joghurt, aber auch in Sauerteig.


O

Organische Säure

Eine organische Säure ist eine chemische Verbindung, die Kohlenstoffatome enthält und sich durch eine Carboxylgruppe (-COOH) auszeichnet. Organische Säuren können in vielen Lebensmitteln enthalten sein: Essigsäure in Essig, Ascorbinsäure (Vitamin C) in Orangensaft, Milchsäure in Joghurt, Ölsäure in Olivenöl, Palmitinsäure in Schokoladenaufstrichen, usw.


P

pH-Wert

Der pH-Wert ist eine Größe, die den Säure- bzw. Basengehalt einer Lösung auf einer logarithmischen Skala darstellt. Auf dieser Skala ist 7 neutral, während niedrigere Werte säurehaltiger und höhere Werte alkalischer (basischer) sind. Ein niedriger pH-Wert hat eine höhere Anzahl an Proton-Typ-Molekülen (H +) und sehr wenige Hydroxid-Ionen (HO-). Umgekehrt hat ein hoher pH-Wert sehr wenige Protonen und viele Hydroxid-Ionen.


Poolish

Poolish ist eine Art Vorteig, zu gleichen Teilen aus Mehl und Wasser bestehend (1:1-Verhältnis, jeweils 100%), dem aktive Bäckerhefe zugefügt wird. Aufgrund des hohen Wasseranteils entwickelt sich naturgemäß ein ziemlich flüssiger Vorteig. Ursprünglich aus Polen stammend, aber vorwiegend in der französischen Bäckerei eingesetzt, lässt er das Brot lockerer erscheinen und nicht so sauer wie klassische Sauerteig-Brote.


S

Sauerteig

Sauerteig ist ein Teig vor dem Hauptteig, stets mit aktiven Milchsäurebakterien (und Hefen) als gezielter Einsatz von Mikroorganismen zur Fermentation angesetzt. Im Französischen wird er „Levain“ genannt, im Italienischen „Levito Naturale“, „Masa madre“ auf Spanisch, „sourdough“ im Englischen und „Zuurdesem“ im Niederländischen. Es handelt sich um eine lediglich aus Wasser und Mehl bestehende Mischung, aus der ein komplexes mikrobiologisches Ökosystem entsteht. Die natürlich im Mehl und in der Umgebung vorkommenden Bakterien und Hefen produzieren Milchsäure, Essigsäure, Kohlendioxid und Ethanol. Sauerteig lässt das Brot vor dem Backen aufgehen, verleiht ihm spezielle organoleptische Eigenschaften und beugt Schimmelbildung vor. Die Sauerteigeigenschaften variieren in Abhängigkeit vom verwendeten Mehl (Weizen, Roggen, …), den natürlich vorkommenden Mikroorganismen, den eingesetzten Starterkulturen sowie dem Prozess (TA, Temperatur, …). Sauerteig lässt sich für die unterschiedlichsten Anwendungen einsetzen: von knusprigen über weiche Gebäcke bis hin zu Feinbackwaren.


Säuregrad

Der Säuregrad bei Sauerteig gibt die Gesamtmenge der sich im Teig befindenden organischen Säuren (Milchsäure und Essigsäure) an. Mithilfe der Titrationsmethode wird der Säuregrad gemessen.


Starter

Ein Starter wird auch Mutterteig, Vor-Ferment oder Anstellgut genannt. Er besteht aus Wasser und Mehl, manchmal wird auch Hefe hinzugefügt. Der Starter wird angerührt und bis zu drei Tagen stehen gelassen, um eine längere Fermentation des Teiges zu ermöglichen. Er verleiht den Endprodukten einen charakteristischen Geschmack und eine besondere Textur. Biga, Poolish und Sauerteig sind die drei gängigsten Beispiele für Brot-Starter.


Starterkultur

Als Starterkulturen bezeichnet man Zubereitungen aus lebendigen Mikroorganismen. Diese Kulturen können Bakterien, Hefen und Schimmelpilze enthalten. Beispiele für mit Starterkulturen hergestellte Lebensmittel sind u.a. Joghurt, Käse, Essig oder Sauerteig.


Stretch and Fold-Methode

Die Stretch- und Fold-Methode ist ein Knetverfahren, das darauf abzielt, die Entwicklung des Klebernetzwerkes im Teig mit minimaler Mischzeit zu maximieren. Die Methode wird zweimal in 3 Schritten angewendet: der Teig muss langgezogen werden, dann von einer Seite der Länge nach gefaltet und anschließend von der anderen Seite aus gefaltet werden (siehe Zeichnung). Dieser Prozess wird vertikal und horizontal wiederholt.


W

Wilde Hefen

Wilde Hefen umfassen alle Hefestämme, die von Natura aus in unserer Umwelt vorkommen. Sie sind besonders in der Luft und auf Substraten mit hohem Zuckeranteil vorzufinden, so zum Beispiel auf Früchten wie Trauben, Äpfeln, Pfirsichen sowie Beeren. Darüber hinaus sind sie in Pflanzensekreten, im Verdauungstrakt von Säugetieren und einigen Insektenarten sowie selbst in Tiefsee-Ökosystemen vorhanden.